Am Samstag Nachmittag setzte ich mich also in den Zug und düste ab nach Salzburg. Da ich eine lange Nacht erwartete, ging ich natürlich nicht davon aus, noch am gleichen Abend einen Zug nach Hause zu bekommen. Darum war meine erste Amtshandlung in Salzburg, erstmal die Hotels abzuklappern. Erstaunlich schnell, schon beim zweiten Anlauf, fand ich ein nettes, kleines Hotel, das noch ein Zimmer für mich frei hatte. Im Voraus bezahlt, rasch meine Tasche aufs Zimmer gebracht und ein Sacko übergeworfen (Sacko ist Pflicht im Casino). Dann wieder runter und in ein Taxi gestiegen, das mich zum Casino kutschierte.
Das Casino befindet sich im Schloß Klessheim etwas ausserhalb von Salzburg. Da ich noch nicht in so vielen Casinos war, genaugenommen zum erstenmal überhaupt, kann ich nicht beurteilen ob das Ambiente mit dem anderer Casinos mithalten kann. Ich fand es von innen und außen jedenfalls ganz nett, aber nicht überragend.
Im Casino angekommen verabschiedete ich mich mental von meinem Geld und ging dann zur Kasse. Dort mußte ich erstmal den Eintritt lappen, der aber genaugenommen kein richtiger Eintritt ist, sondern eher eine Art "Mindestverzehr" : 32,- € zahlt man und bekommt dafür Chips im Wert von 35,- €. Diese muss man in jedem Fall zum Spielen verwenden, da sie eine andere Farbe als die regulären Chips haben und beim Verlassen des Casinos nicht mehr in Bargeld umgetauscht werden können. Erst wenn man beim Spiel gewinnt bekommt man reguläre Chips zurück, die man sich auch auszahlen lassen kann.
Also nach oben gestiefelt, für 500,- € Chips eingekauft und die Pokerabteilung aufgesucht. Da ich ziemlich genau um 19:00 Uhr dort war, startete gerade eine Reihe von SnGs. Auf meine Frage ob es bereits Cashgames gebe, antwortete mir der Floorman, dass die Cashgames erst nach den Turnieren starten würden. Zumal ich keine Lust hatte, 1-2 Stunden dumm rumzusitzen, biss ich in den sauren Apfel und kaufte mich für 35 € in eines der SnGs ein. Im Nachhinein betrachtet wäre es vermutlich besser gewesen, die 35 € beim Roulette einzusetzen, da die Blindstruktur mit 20BB Startstack und Erhöhung alle 10 Minuten für mich unspielbar war. Meine beste Starthand während des Turniers war glaube ich ATo und so foldete ich mich rasch zur Push-Fold-Phase, die ich dank unglaublich vieler Caller nicht lange überstand (Platz 5 von 8).
Trotz meines schlechten Abschneidens beim Turnier möchte ich es mir nicht nehmen lassen, ein wenig über das unterirdisch schlechte Spielniveau meiner Kontrahenten zu lästern: Es wurde gelimpt was das Zeug hielt, geminbettet und geminraised. Flop-Bets in Höhe eines einzigen BB aus früher Position in einen 5-way Pot waren keine Seltenheit. Eine junge Dame zu meiner Rechten war offenbar nichtmal der Spielregeln mächtig, da sie mehrfach openfoldete (gerne auch aus dem BB). Einige Hände später, Blinds 100/200, ging sie dann Allin mit 600 Chips nachdem vor ihr ein Spieler auf 400 geminraised hatte. Der Smallblind foldete, der Bigblind callte und der initiale Raiser... foldete! Er hätte noch 200 in einen 1500er Pot bringen müssen, aber nee, das war ihm zu viel. Ein leises Kopfschütteln konnte ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen...
Wie dem auch sei, das Turnier war für mich um 19:45 Uhr zu Ende, ich weiß nichtmal mehr welche Hand ich zuletzt hatte. Der Floorman meinte, um etwa 20:00 Uhr hätte er vermutlich genug Leute für einen Cashgametisch zusammen, also schnappte ich mir die aktuellste Ausgabe des Cardplayer Magazins, das auf den Fenstersimsen auslag, ging damit zur Bar und bestellte eine Apfelschorle. 4,30 € für 0,5l Apfelschorle plus Trinkgeld sind nicht grade günstig, aber egal.
Pünktlich um 20:00 Uhr ging ich wieder zurück, um zu schauen ob es jetzt endlich losgehen kann und tatsächlich hatte sich eine stattliche Gruppe in der Nähe des Cashgametisches versammelt. Nach ca. 15 Minuten hatte der Dealer es sich bequem gemacht und der Floorman uns unsere Plätze zugewiesen. Interessanterweise schienen die meisten der Anwesenden nicht selbst spielen, sondern lediglich dem Schauspiel beiwohnen zu wollen. Somit haben wir zu Beginn gerademal einen einzigen Cashgametisch am laufen gehabt und der war auch nur mit acht Leuten besetzt (2 Plätze frei). Später am Abend waren bis zu drei Tische offen, allerdings nur für kurze Zeit - die meiste Zeit über waren es zwei Tische mit je 7-8 Spielern.
Nun gut, das Spiel beginnt. Ich hatte erwartet, dass ich deutlich aufgeregter sein würde, weil ich mit einer ungewohnt hohen Summe spiele. Tatsächlich war ich aber ziemlich relaxed. Nichtsdestotrotz brauchte ich noch ein halbes Stündchen bevor ich mich an die Eigenschaften des Livegames gewöhnt hatte, insbesondere an die Notwendigkeit, die Potsize im Kopf mitzurechnen. Später flutschte das aber ganz gut: Einmal recht spät am Abend fragte ein Spieler den Dealer nach der Größe des Pots woraufhin dieser antwortete: "140, so ungefähr." Da war ich einigermaßen stolz auf mich selbst, weil ich mir sicher war, den exakten Betrag zu kennen .
Darüber hinaus kannte ich anfangs natürlich keinen meiner Gegner, während diese sich aber teilweise schon beim Vornamen riefen. Im Laufe des Abends lernte ich die Herrschaften aber einigermaßen gut kennen und kann nun mit Fug und Recht behaupten, dass es fast alles sehr angenehme Zeitgenossen sind - pokertechnisch gesehen. Hier mal die Profile der interessantesten Kandidaten:
Mr. Anorexia - Ein vermutlich grade volljährig gewordener, furchtbar dünner Bursche, der in einem für ihn viel zu großen Konfirmantenanzug daherkam. Er kaufte sich insgesamt bestimmt drei oder vier mal ein für jeweils 100 € und spielte konsequent loose-passive. Er trank zuviel Bier und schnitt postflop inmer Grimassen oder schlug die Hände vorm Gesicht zusammen, so dass man wenig Mühe hatte, die Stärke seiner Hand einzuschätzen.
Mr. Big - Ein türkisch aussehender, etwa 22-jähriger Kerl mit blonden Strähnchen im Haar und einem schwarzen Seidenhemd, das er fast bis zum Bauchnabel aufgeknöpft hatte - vermutlich damit man seinen Schmuck besser begutachten konnte. Nach eigenem Bekunden spielt er online $300/$600, an diesem Abend kaufte er sich aber nur für 100 € ein (25 BB). Mit denen schaute er sich dann jeden (und ich meine jeden) Flop an und check-callte auch danach gerne nochmal die eine oder andere Flopbet bevor er seine Hand entnervt aufgab. Preflop geraised hat er am ganzen Abend nicht ein einziges Mal, auch Hände wie AKs oder QQ nicht. Erwartungsgemäß ging er auf diese Weise recht schnell pleite und legte nochmal 100 € nach. Mit denen donkte er sich dann irgendwie auf 500,- hoch, verlor aber im Laufe des Abends alles.
Mr. Chubby - Ein ca. 55-jähriger, dicker Typ mit osteuropäischem Akzent und einer wirklich prallen Brieftasche: Er kaufte sich für 2000,- € ein, hatte aber noch mehr im Portemonnaie. Ich tippe daher auf Puffbesitzer. Er spielte sehr aggressiv und anfangs hatte ich den Eindruck, er sei auch ziemlich loose - dieser Eindruck verflog jedoch, da er später deutlich tighter wurde und am Showdown niemals Crap zeigte. Er war daher der einzige wirklich ernstzunehmende Spieler am Tisch.
Mr. Distracted - Ein junger Mann, vielleicht 25, der sich mehr für das Fussballspiel Österreich vs. Litauen zu interessieren schien als für die Action am Tisch. Da er etwas spät dran war, bekam er nurnoch einen Platz bei dem er den Fernsehschirm im Rücken hatte, so dass er sich während des Spiels dauernd umdrehen musste. Nichtsdestotrotz war sein Preflopspiel im Vergleich zu dem anderer Spieler garnicht mal schlecht: Einigermassen tight und er wusste sogar wie man raised. Postflop spielte er aber nurnoch fit-or-fold. Er kaufte sich (wie ich) für 500 € ein und konnte diesen Stack auch einige Zeit stabil halten, bis er irgendwann später am Abend mit einem geflopten Set gegen Runner-Runner-Straight ca. 300 € verlor und sich von diesem Beat nicht mehr erholte. Seine Freundin saß die ganze Zeit über hinter ihm und schaute zu - keine Ahnung, wie sie diese Langeweile aushalten konnte.
Die anderen Spieler am Tisch waren recht unauffällig - sie sprachen nicht viel und waren vorwiegend von der loose-passive Sorte. Insgesamt waren es deutlich mehr Fullstacks am Tisch als ich erwartet hatte.
Eine meiner ersten Hände am Abend war AJs im CO. Nachdem vor mir zwei Limper ihren Einsatz gebracht hatten, raiste ich auf 20 oder 24 Euronen. Mr. Chubby callte mich aus dem Big Blind, alle anderen foldeten. Der Flop brachte 246 rainbow, Chubby checkte und ich machte den Conti (30 oder 40 Euro, weiß nicht mehr genau). Daraufhin insta-raiste er mich auf 80 € und ich callte ihn. Am Turn kam eine 7 oder 8 und er bettete 120 € in mich rein woraufhin ich die Hand (nach ein wenig Hollywood meinerseits) ablegte. Er zeigte mir dann den geflopten Nutstraight mit 53o. Nh, Sir.
Nach dieser Hand war ich ungefähr auf 400 € down, konnte mich aber in relativ kurzer Zeit wieder auf 700 € hocharbeiten. Die dazugehörigen Hände waren wenig spektakulär, glaube einmal war es TPTK bis zum River und einmal ein Contibet am Flop. Dann kam eine Durststrecke in der ich nur am folden war bis ich irgendwann 76s im CO-1 auf der Hand hielt. Weil vor mir nur ein einziger Limper saß, entschied ich mich, diese Hand zu raisen. Ein Blind und der Limper callten, checkten aber beide den A35er rainbow Flop. Also machte ich eine Conti, der Blind foldete und der Limper callte. Turn war irgendwas in Pik und im Flop lag auch schon ein Pik. Da ich den Limper auf ein schlechtes Ass setzte (von dem ich nicht glaubte, dass er es ablegen würde) checkte ich den Turn behind. Der River war die fehlende 4 für meinen Gutshot, leider aber auch das dritte Pik. Ich war aber immernoch überzeugt, dass er ein Ass spielt und nicht gerade einen Runner-Runner-Flush gemacht hatte. Also setzte ich auf seinen Check nochmal den Pot, das waren 120 €. Er überlegte etwas und minraiste mich auf 240 €. Da hatte ich schon ein ziemlich ungutes Gefühl, entschied mich aber trotzdem für den Call. Er sagte "Straight" und ich freute mich schon, aber dann deckte er AK in Pik auf. Er hat's überhaupt nicht gerallt - der Dealer mußte ihm erst erklären, dass er einen Flush hat. Dankeschön, über 300 € weg.
Ich war also wieder down auf 400 € und kaufte nochmal für 100 € Chips, um nicht so bald unter 100 BB zu fallen. Nach dieser sehr unschönen Hand verlief der Rest des Abends aber verhältnismäßig unspektakulär: Ich foldete mir nen Wolf, bekam aber auch hier und da mal etwas brauchbares, so dass ich zum Schluß (um 2:30 Uhr) wieder 980 € zählen durfte. Also 6,5 Stunden gespielt und 380 € im Plus abgeschlossen. Ein bischen enttäuschend fand ich dieses Ergebnis schon, aber setzt man ca. 30 Hände pro Stunde an, dann macht das schließlich immernoch eine Winrate von 25 ptBB/100 Hände, was mich dann doch wieder etwas aufmuntert. Nach Abzug der Spesen (siehe Rechnung unten) blieben mir 210 € echter Profit übrig.
Gewinn-/Verlustrechnung
Anreise mit dem EC, Bahncard 50 |
14,50 |
(-) |
Übernachtung im Hotel + Frühstück |
58,00 |
(-) |
Taxi zum Casino inkl. Trinkgeld |
17,00 |
(-) |
Eintritt Casino |
32,00 |
(-) |
Willkommenschips |
35,00 |
(+) |
Buy-in für SnG |
35,00 |
(-) |
0,5l Apfelschorle + Trinkgeld |
5,00 |
(-) |
Buy-ins für Cashgame |
600,00 |
(-) |
0,5l Apfelschorle, Zigaretten und Trinkgeld |
10,00 |
(-) |
Cashout |
980,00 |
(+) |
Taxi zum Hotel inkl. Trinkgeld |
16,00 |
(-) |
Rückfahrt mit RJ, Bahncard 50 |
16,50 |
(-) |
Feuerzeug verloren |
1,00 |
(-) |
Gewinn/Verlust |
+210,00 |
|
170 € Spesen ist natürlich ziemlich viel. Ich denke, beim nächsten Mal werde ich mir ein Auto mieten und dafür das Hotel sparen - dann kann ich die Kosten für so einen Trip sicher auf unter 100 € drücken. Außerdem komme ich in Zukunft etwas später, so dass ich gleich Cashgame spielen kann und nicht mehr dieses fürchterliche Turnier mitmachen muss. Dass es ein nächstes Mal geben wird steht außer Frage, da ich das Spiel als ausgesprochen soft wahrgenommen habe und mir das ganze auch großen Spass bereitet hat. Vielleicht fahre ich schon kommenden Samstag wieder rüber - man wird sehen.